Pressemitteilung OLG Frankfurt am Main – Medienrecht
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
Interpretation mehrdeutiger Äußerungen muss kenntlich gemacht werden
Quelle: Pressestelle: OLG Frankfurt am Main
Tenor der Entscheidung des OLG Frankfurt am Main
Kann eine Äußerung unterschiedlich gedeutet werden, ist derjenige, der die Äußerung in einer Veröffentlichung wiedergibt, verpflichtet, die eigene Deutung der Äußerung durch einen Interpretationsvorbehalt kenntlich zu machen.
Wenn dies nicht geschieht, ist er zum Unterlassen verpflichtet, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).
Zunächst stellte das OLG klar, dass es sich hier in der Entscheidung um eine Tatsachenbehauptung und nicht allein eine Meinungsäußerung handele. Der Beklagte habe den Eindruck erweckt, dass er die Klägerin wörtlich zitiere.
So sei die Klägerin mit ihrem Kopf und einem zum Sprechen geöffneten Mund dargestellt worden; auch der Beginn des Textes mit dem Wort „Komma“ und die umgangssprachliche Ausdrucksweise unterstrichen diesen Eindruck.
Der oberhalb des SharePic vorhandene Verweis auf einen Artikel in der „Welt“ sei angesichts der Plakativität und Auffälligkeit der Darstellung nicht geeignet, der Darstellung ein abweichendes Verständnis zu geben.
Diese Darstellung beeinträchtige das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Der Eindruck, es handele sich um ein Zitat, sei tatsächlich unzutreffend. Dabei wirke der grundrechtliche Schutz auch gegenüber unrichtigen, verfälschten oder entstellten Wiedergaben einer Äußerung – wie hier.
Mit einem Zitat werde nicht eine subjektive Meinung des Kritikers zur Diskussion gestellt, sondern eine objektive Tatsache über den Kritisierten behauptet. „Deswegen ist das Zitat, das als Belegkritik verwendet wird, eine besonders scharfe Waffe im Meinungskampf,“ betont das OLG unter Verweis auf höchstrichterliche Rechtsprechung.
Hier sei der Eindruck, es handele sich um ein Zitat der Klägerin, bereits deshalb unzutreffend, da die Klägerin die angegriffene Äußerung in der dargestellten Form nicht getätigt habe. Sie habe lediglich die Worte „Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist“ geäußert.
Ohne Erfolg verweise der Beklagte darauf, dass er den Einwurf der Kläger in einer öffentlichen Debatte so wiedergebe, wie er von der Öffentlichkeit wahrgenommen worden sei. Vielmehr liege bereits dann eine unrichtige Wiedergabe vor, wenn der Eindruck erweckt werde, der Zitierte habe sich eindeutig in einem bestimmten Sinn geäußert, obwohl mehrere Interpretationen möglich seien und nicht kenntlich gemacht werde, dass es sich hier nur um eine Interpretation einer mehrdeutigen Aussage handele.
Maßgeblich sei dabei nicht das vertretbare Verständnis eines Durchschnittslesers. Es komme vielmehr darauf an, „was der Zitierte gemessen an seiner Wortwahl, dem Kontext seiner Gedankenführung und dem darin erkennbar gemachten Anliegen zum Ausdruck gebracht hat,“ betont das OLG.
Hier habe die Klägerin lediglich die Worte „Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist“ geäußert. Dies sei für sich gesehen inhaltsleer und könne allein im Zusammenhang einen Sinn erhalten. Die hier streitgegenständliche Äußerung sei im Rahmen einer Sitzung 1986 gefallen, in welcher die damalige Rednerin der Grünen von einem CDU-Abgeordneten gefragt worden sei, wie sie zu einem Beschluss der Grünen in NRW stehe, die Strafandrohung gegen sexuelle Handlungen an Kindern aufzuheben.
Dies habe die Klägerin zu dem zitierten Einwurf veranlasst. Ihr Einwurf sei zumindest mehrdeutig. Zwar habe die „Welt“ in dem verlinkten Artikel die Frage aufgeworfen, „klingt das nicht, als wäre Sex mit Kindern ohne Gewalt o. k.?“ Der Einwurf könne aber auch dahingehend verstanden werden, dass die Klägerin lediglich den Inhalt des angesprochenen
Beschlusses klarstellen wollte. Dafür spreche, „dass sie mit der Formulierung „Komma“ zu erkennen gab, an die Äußerung des CDU-Abgeordneten anschließen und sie vervollständigen zu wollen; eine inhaltliche Positionierung ist damit nicht zwangsläufig verbunden.“
Wenn demnach unterschiedliche Deutungen – wie hier – möglich sind, sei der Zitierende verpflichtet, die eigene Deutung einer Äußerung durch einen Interpretationsvorbehalt als solche kenntlich zu machen, betont das OLG. Dies sei hier nicht geschehen.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.4.2020, Az. 16 U 9/20
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 5.12.2019, Aktenzeichen 2-03 O 194/19)
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Persönlichkeitsrecht eines Unternehmers bei übler Nachrede und Verleumdung
In aller Regel und in relativ großem Umfang ist ein Unternehmen durch Bestimmungen im Marken- und Urheberrecht geschützt. Ein zusätzlicher wettbewerbsrechtlicher Schutz nach dem UWG setzt jedoch ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Betroffenen und dem sich Äußernden voraus.
In den Fällen aber, in denen keine direkten Beziehungen zwischen dem Äußernden und dem Unternehmen bestehen ist ein eigenständiger Schutzbereich des Unternehmenspersönlichkeitsrechts erforderlich.
So hat sowohl das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Bes. v. 03.05.1994 – 1 BvR 737/94), als auch der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 03.06.1986 – VI ZR 102/85)den Unternehmen ein sogenanntes Unternehmenspersönlichkeitsrecht zugesprochen.
Was wird geschützt?
- Zum einen den sozialen Geltungsbereich des Unternehmen,
- zum anderen auch den Achtungsbereich des Unternehmens.
Zwar ist es gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, wird aber aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG abgeleitet.
Im Falle einer Unternehmenspersönlichkeitsrechtsverletzung bieten wir Ihnen unsere direkte Hilfe an:
Wir machen hierbei Ihre Rechte auf
- Unterlassung
- Widerruf / Berichtigung
- Schadensersatz
geltend.
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Anspruch auf Schadensersatz und Unterlassen wegen negativer Online-Bewertung und die Beweislast
Verfasst der Käufer eine negative Bewertung über einen Online-Händler, kann dieser schließlich gegen den Käufer Klage auf Schadensersatz und Unterlassen der negativen Bewertung erheben. Hinsichtlich der Beweislast hat das Landgericht Augsburg nunmehr eine interessante Entscheidung getroffen.
Vgl. Landgericht Augsburg, Urteil vom 30.07.2014 – 21 O 4589/13 –
Prüfung des Anspruchs auf Schadensersatz und Unterlassen
Das zuständige Landgericht Augsburg hob in seiner Entscheidung hervor, dass ein Anspruch auf Schadensersatz oder Unterlassen voraussetzt, dass die von dem Käufer in der Bewertung verbreiteten Behauptungen falsch seien.
Der Online-Händler habe also beweisen müssen, dass die Montageanleitung für das Insektenschutzfenster nicht fehlerhaft, sondern inhaltlich richtig gewesen sei. Diesen Nachweis habe der Online-Händler nicht erbracht.
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